Fernseher mit „Quantum Dots“, sogenannten Quantenpunkten, gab es auf der CES 2015 überall zu bestaunen, aber bietet diese Technologie wirklich sichtbare Verbesserungen oder war das alles einfach nur eine geschickte Marketingstrategie? In diesem Artikel blicken wir hinter die Bedeutung der Quantenpunkte und erklären, was diese für Ihren TV-Genuss bedeuten.
Original: Quantum dot TVs explained, © Rasmus Larsen
Warum gerade jetzt?
Der Quantenpunkt ist keine neue Erfindung. Entdeckt wurde er bereits in den frühen 80er Jahren, und, wie der Name bereits andeutet, sind diese Punkte winzige Nanopartikel mit einer Größe von weniger als 10 Nanometer im Durchmesser.
Seit ihrer Entdeckung haben viele Firmen versucht, diese technologisch einzusetzen und zu verbessern, so zum Beispiel in Solarzellen und Ähnlichem, aber die Idee, sie in TV-Geräten zu verwenden, kam erst viel später. Die Technologie war schon längere Zeit in der Branche im Gespräch, bevor Sony sie schließlich im Januar 2013 erstmals in seinem Triluminos TV der W90-Serie zum Einsatz brachte. Seitdem wurden die winzigen Punkte auch im Amazon Kindle Fire eingesetzt, allerdings in einem weniger erfolgreichen Umfang.
Springen wir in die Zukunft zur CES 2015, dann sehen wir eine wahre Flut an Quantum Dot-TVs von Samsung, LG, Sony, Panasonic, Sharp, TCL und anderen. Oder, um es genauer auszudrücken: LCD-TVs mit Quantenpunkten. Das Timing mag seltsam erscheinen, aber es ist auch nicht gerade eine größere Überraschung als die des Jahres 2013, als Samsung und LG ihre unglaublichen OLED-Bildschirme vorstellten. Die Zukunft sah so strahlend aus, dass Sonys Schritt, den W90 in Auftrag zu geben, bestenfalls als Verteidigungsmanöver betrachtet werden kann.
Nur einer der zwei südkoreanischen Hersteller war in der Lage, die umwerfenden OLED-TVs in großer Menge herzustellen, also besann sich Samsung auf seinen Plan B. Andere Hersteller kündigten ebenfalls Quantenpunkt-Geräte an, wähnten sie sich doch durch die strahlenden OLEDs unter Zugzwang.
Wie Quantenpunkte in LCD-TVs eingesetzt werden
In erster Linie muss hier betont werden, dass diese Fernseher immer noch LCD-TVs sind. Hinter dem LCD-Panel sind LEDs (Leuchtdioden) verbaut, entweder direkt hinter dem LCD-Panel oder entlang der Ränder. Vor den LEDs – und hinter dem LCD-Panel – können Hersteller die Schicht aus winzigen Nanopartikeln hinzufügen. Werden die Quantenpunkte in Form von Lichtpartikeln mit Energie versorgt, werden die Teilchen „angeregt“ und können dann Licht zu Primärfarben umwandeln. Die Farbe hängt von der Größe der Nanopartikel ab.
Der Sinn und Zweck hiervon ist es, blaues Licht von herkömmlichen LEDs in gesättigte Primärfarben umzuwandeln. Das Licht von einem Quantenpunkt ist „unverfälscht“ (für die TV-Nutzung) und zur Bildwiedergabe besser geeignet. Theoretisch könnte dies eine leichte Verbesserung bei Kontrast und Farbsättigung bedeuten. Auch die Energieeffizienz kann sich verbessern, da weniger Licht verschwendet wird, aber das ist für mobile Bildschirme wesentlich relevanter als für klassische TV-Geräte.
Die meisten Hersteller verschweigen allerdings, dass bei Untersuchungen ihrer Geräte besagte Energieeffizienz nur erreicht werden konnte, wenn in dem entsprechenden Model ebenfalls Cadmium verwendet wurde. Cadmium wird in den meisten Märkten der Zukunft allerdings verboten sein und die Alternativen – Quantenpunkte ohne Cadmium – sind bei weitem nicht so energieeffizient, so dass der Bildschirm eine höhere Menge an Licht ausstrahlen muss.
Der wichtigste Unterschied allerdings ist, dass 2015er LCD-TVs dank der Quantenpunkte in der Lage sein werden, ihren Farbraum zu erhöhen.
Quantenpunkte können den Farbraum von LCDs erheblich verändern, zum Beispiel vom heutigen Rec. 709-Wert, einem relativ kleinen Farbraum, hin zu dem Wert von 90-98% eines DCI-Farbraums, welcher zum Beispiel in Kinos zum Einsatz kommt. Keiner der Hersteller hat zum Zeitpunkt der CES 2015 einen hundertprozentigen DCI-Farbraum vorstellen können, aber sie kommen dem schon sehr nahe.
Ein größerer Farbraum ist von der Definition her wünschenswert, aber es gibt auch einen Haken. Durch Anwendung einer größeren Farbskala – weg von Rec.709 und hin zu DCI – werden alle Inhalte in eben dieser Farbskala wiedergegeben, was die Farben verzerrt. Ein typischer Rotton erscheint so viel intensiver, was nicht die Absicht des Filmemachers gewesen ist. Die TV-Hersteller sagen zwar, dass ihre Algorithmen sehr genau unterscheiden können, welche Farben sie intensivieren und welche nicht, aber wie jedermann weiß, tut genau dies ja bereits die Filmcrew im Studio. Wie soll das Bild aussehen? Wie beeinträchtigt der Einsatz von Schatten die Stimmung im Bild? Et cetera.
Selbstverständlich gibt es auch Mittel und Wege, den Farbraum eines Bildschirms zu reduzieren, aber da die Quantenpunkte vor der Hintergrundbeleuchtung platziert sind, wird das gesamte Licht durchgelassen. Während einer Vorführung hat Samsung mitgeteilt, dass der JS9500 (der übrigens über eine lokale Dimm-Funktion für die LEDs verfügt, die den Kontrast verbessert, was allerdings nichts mit Quantenpunkten zu tun hat) der Teil der SUHD-Reihe ist, der alle Inhalte, was auch eigene Videoaufnahmen miteinbezieht, der größeren Farbskala anpassen wird und es keine Möglichkeit geben wird, diese Funktion auszuschalten. Wenn Samsung seine Meinung nicht ändert, könnten wir in Zukunft auf übersättigte und künstliche Farben schauen müssen.
Es muss allerdings nicht so kommen, aber um von einer höheren Farbskala zu profitieren, braucht man entsprechende Inhalte – Filme, TV-Serien, Spiele – im DCI-Farbspektrum. Die Studios verfügen bereits über solche, denn Filme werden so in die Kinos gebracht, aber es bleibt eben immer noch ein Unterschied zwischen der Farbgebung eines Films, der in einem dunklen Kinosaal gezeigt wird, und der Farbgebung für ein helles Wohnzimmer, also müssen die Studios ein wenig nachjustieren bevor man den Film im DCI-Spektrum kaufen kann. Im Moment ist ein solches Angebot überhaupt nicht vorhanden. Nicht auf Blu-ray, nicht als Stream-Angebot, und schon gar nicht im TV-Programm. Sony hat versucht, seinen eigenen x.v.Color-Modus auf einigen 4K-Blu-rays anzuwenden, aber niemand sonst unterstützt diese Initiative.
Der DCI-Farbraum ist auch nicht im Ultra HD-Standard enthalten, aber es gibt Gerüchte, dass der neue Blu-ray-Standard diesen unterstützen wird. Dennoch, sollte die Branche sich entscheiden, vorübergehend DCI zu nutzen um später den Farbraum eines Rec. 2020 reproduzieren zu können, müssen zunächst einige Standards festgelegt werden.
Anders ausgedrückt: daran führt kein Weg vorbei. Nur wenn Filme künftig im DCI-Farbraum veröffentlicht werden, kann man von der wichtigsten Verbesserung der Quantenpunkt-LCD-TVs profitieren. Der niedrigere Energieverbrauch wird HDR (high dynamic range) auf LCD-Bildschirmen ermöglichen, aber man wird immer noch einen LCD-TV benötigen, der das lokale Dimmen einzelner Bildareale auf dem Schirm ermöglicht (sogenannte full-array local dimming LCD-TVs), und die sind sehr kostspielig.
Der Quantenpunkt kann als weiterer Teil einer alternden LCD-Technologie verstanden werden. Neben dem Farbspektrum verändert er keine andere der fundamentalen Schwächen des LCD-Bildschirms.
Eine Alternative zu OLED?
Hersteller waren sehr schnell, wenn es darum ging, in Sachen Bildqualität Quantenpunkt-TVs mit OLED-TVs zu vergleichen. Samsungs Worte „Rich colors, better than OLED“ („Prächtige Farben, besser als OLED“) sind sicherlich mutig gewählt.
Das gesamte Marketing und die vergleichenden Vorführungen lassen allerdings einige der grundlegenden Elemente, die OLED-Bildschirm-Technologie so einzigartig machen, außer Betracht. Durch das bloße hinzufügen von Quantenpunkten zu einem LCD-Panel erhält man eben noch nicht die perfekten Schwarzwerte eines OLED. Gleiches gilt für die extrem schnelle Reaktionszeit und die fast perfekten Betrachtungswinkel. OLED erreicht übrigens auch fast die gesamte Bandbreite eines DCI-Farbspektrums, aber es ist immer noch nicht geklärt, wie LCD und OLED schließlich Rec. 2020 erreichen wollen – kurzfristig betrachtet jedenfalls.
Quantenpunkt-LCD-TVs werden beworben als „OLED-Bildqualität zu einem günstigeren Preis“. Die Geräte werden sich wahrscheinlich wirklich als günstiger erweisen, aber während der CES bemerkte man dennoch, wie die Technologie nur in den teureren High-End-Geräten zur Verfügung stand. Wie die vorangegangenen Fotos zeigen, lassen sich Quantenpunkte als eine Schicht vor den LEDs anbringen. Diese Schicht kann bis zu hundert Dollar bei der Produktion eines Großbildfernsehers kosten, laut den Schätzungen des IHS. Wie allgemein bekannst ist, vervielfachen sich die Kosten im Herstellungsprozess aber um den Faktor X, bevor das Produkt in die Massenproduktion geht.
Preise wurden auf der CES 2015 nicht verraten, also lassen sich diese im Moment auch nicht vergleichen. Trotzdem sieht es zur Zeit nicht danach aus, dass Quantenpunkte LCD-TVs im Vergleich zur OLED-Technologie, die in jeglicher Hinsicht überlegen ist, konkurrenzfähig machen könnten– vom Preis vielleicht einmal abgesehen. Auch ändert sich nichts an der Tatsache, dass Sie als Kunde von den wichtigsten Verbesserungen der Quantenpunkt-Technologie nicht profitieren werden, solange Hollywood nicht damit anfängt, Filme im DCI-Farbspektrum zu veröffentlichen.